Rezensionen

 

Zum Vortrag von Dr. Michael Schenk am 2. Oktober 2023 im Musikclub des Chemnitzer Musikvereins

Ich höre ‘was, was du nicht hörst!

   Wer denkt schon nach einem berührenden Filmerlebnis rückblickend über die dort „untermalende“ Musik und die eingesetzten Geräusche nach? In Erinnerung bleiben vor allem die Handlung, die Leistungen des Darstellerteams sowie das gezeigte bildliche Flair der Umgebung. Welch enorme Bedeutung und welche inzwischen äußerst komplexen Mög­lichkeiten jedoch Musik und Geräusch im Tonfilm bis hin in die Gegenwart besitzen, werden im Zeitalter häufiger Lärmüberflutung kaum bewusst.

 

schenk filmmusik

Foto: Sramek

Wohl zum ersten Mal seit Bestehen der Musikclubs kam nun die Idee auf, sich damit verbundenen Fakten zuzuwenden. Als höchst sach­kundiger Referent konnte Dr. Michael Schenk – Dozent an der Film­universität Babelsberg KONRAD WOLF – zu einem entsprechenden Vortrag gewonnen werden, der die zahlreich erschienenen Interessenten begeisterte. Das ließ der abschließende starke Applaus erkennen.

Der Musikwissenschaftler ging anfangs von verbal zusam­men­ge­fassten Befunden zu Filmproduktionen mit charakteristischen Ge­räuschen und Soundscape-Recordings aus, die ergreifende Stimmungen hervor­rufen, ja nahezu eine eigene Welt erschaffen können. Anschließend demonstrierte er mit beeindruckenden Filmausschnitten, welche Gestal­tungskraft von den akustischen Möglichkeiten ausgehen kann, beispielsweise bei den tanzenden Männern am Meer in „Alexis Sorbas“ (mit Anthony Quinn in der Titelrolle) sowie bei den einst sensationell empfundenen Bedrohungen in „Die Vögel“ vom berühmten Alfred Hitch­cock in den 1960er Jahren. Stark gesteigert sind diese Effekte in der Gegenwart, etwa mit Hilfe von computergesteuerten Geräusch­ein­blendungen gerade bei vielschichtig sensiblen Naturbildern oder auch während immer chaotischer sich entwickelnden Verfolgungsjagden. Dass bei dieser Darstellung zudem die emotionale Wirkung der Stille nicht fehlen darf, versteht sich fast von selbst.

Außerdem war spannend zu erfahren, welch finanzieller und tech­nischer Aufwand mitunter betrieben wird und welch hohe Besucherzahlen und Einschaltquoten sowie daraus resultierende Gewinne zu erzielen sind. – Kaum vorstellbar, dass der nächste zu erlebende Film den Anwesenden im Musikclub nicht deutlicher zu Gehör bringen wird, was vorher wohl eher unterschwellig erlebt wurde.                                                                                                                    (CS)

's wonderful

 

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 Foto: Esther Winkler

Besser könnte man den Abend in der Musikschule Chemnitz im großen Konzertsaal nicht bezeichnen.
Die Lehrerinnen und Lehrer der Musikschule boten ein Kaleidoskopkonzert anlässlich des 125. Geburtstages von George Gershwin.
Von den drei vierhändigen „Preludes  for  Piano“ über das Streichquartett, vom zarten Gitarrenquintett von Ravel bis hin zu wunderbaren Gesangdarbietungen war alles „wonderful“.
„Summertime“ aus der Oper „Porgy and Bess“ war der vielumjubelte Abschluss.
Die begleitenden Worte  von Prof. Sramek gaben nicht nur uns Zuschauern Wissen, sondern auch das Gefühl für das Werk und die Zeit von Gershwin. 

                                                                                                                                                                                           Karin Friedemann

  Bravi tutti! Es war ein fantastisches Programm. Die Musikschule Chemnitz darf stolz sein auf ihre Lehrkräfte!

                                                                                                                                                                                           Edward Randall

Besinnlich, beseelt, beherzt.

Alte Musik in der Stiftskirche Ebersdorf

   

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Foto: Sramek

 

Mit einer Überraschung begann die traditionelle Veranstaltung des Chemnitzer Musikvereins am 27. August 2023 in der Stiftskirche Ebersdorf, noch bevor die ersten Klänge zu erleben waren. Denn die Zuhörerinnen und Zuhörer des erfreulich gut besuchten Kammer­musikkonzerts wurden gebeten, die ersten Reihen im Kirchenschiff freizulassen. Statt in Altarnähe standen nämlich die Notenständer im angrenzenden Gang.

    Als die drei Solisten Christopher B. Fischer (Gesang), Karoline Borleis (Barock­violine/-viola) und Janis Neteler (Theorbe) mit Georg Philipp Telemanns „Die Landlust. Kleine Kantate von Wald und Au“ beschwingt begannen, wurde rasch klar, warum die Interpreten diese Aufstellung wählten: Die Musik mit einer Theorbe bringt den Reiz besonderer Empfindsamkeit und Feinsinnigkeit, die sich offenbar am besten über innerliche und äußerliche Nähe vermittelt. Spannend war deshalb nicht nur zu verfolgen, welche Klangfarben sich aus heutiger Perspektive sehr leise vom Instrument aus entfalten lassen, sondern auch, wie sich die beiden Partner darauf einstellten.

     Der stimmgewaltige Christopher B. Fischer löste die Aufgabe der Gestaltung durch treffende Zurückhaltung. Weitere Vokalwerke Telemanns boten daher angemessene Gelegenheit, effektvolle Unterschiede in der Umsetzung von Rezitativen und Arien zu entdecken sowie feine Lautmalereien, wie etwa bei der im Text vorkommenden Nachtigall oder auch beim sich aufschwingenden Adler.

     Zusätzliche Abwechslung brachten die organisch zwischengefügten Instru­men­talteile zudem mit einem Werk von Johann Joachim Quantz und dem erstaunlich modern wirkenden Stück von Marin Marais. Hier begeisterte gerade Karoline Borleis mit ihrem wundervollen Einfühlungsvermögen, während Janis Neteler auch durch seinen verbalen Hinweis mit dem schon von dem berühmten Musikologen Johann Mattheson 1713 nicht nur scherzhaft genannten Instrumenten-Problem umzugehen verstand: „wenn ein Lauteniste 80 Jahre alt wird/so hat er gewiß 60 Jahre gestimmet“.

Christoph Sramek

Erstes Konzert der neuen Reihe „Podium junge Musik“ mit der Projektgruppe Neue Musik Bremen

Gemeinsam mit der Städtischen Musikschule Chemnitz startete der Chemnitzer Musikverein auf Initiative seines Vorsitzenden Andreas Winkler Ende Juni 2023 die neue Konzertreihe „Podium junge Musik“. Hier stellen sich junge Komponisten und Interpreten mit ihrem Können vor, um künftig auch zunehmend einen jungen Hörerkreis an zeitgenössische Musik heranzuführen.

Zur faszinierend vielseitigen Eröffnungsveranstaltung erschienen fünf Vertreter der seit rund 30 Jahren von Christoph Ogiermann geleiteten projektgruppe neue musik bremen. Bekannt war in seiner Heimatstadt Chemnitz bisher vor allem Jonas Otte, der an der hiesigen Musikschule in den Fächern Klavier und Komposition seine Grundausbildung erhielt und seitdem mehrfach mit hohen Auszeichnungen bedacht wurde, bereits als Zwölfjähriger mit dem 1. Preis beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“. Sein herausragend hohes Leistungsvermögen als Pianist zeigte er mit der äußerst anspruchsvollen, auswendig vorgetragenen Interpretation der Klaviersonate op. 3, Nr. 3 des in der Ukraine geborenen jüdischen Komponisten Samuil Feinberg. Das spätromantisch wirkende Werk entstand während des I. Weltkriegs, wurde erst vor wenigen Jahren in Manuskriptform wiederentdeckt und ist nun sogar auf YouTube mit Notendruck zu erleben.

In starkem Kontrast dazu standen Stücke der Bremer Musiker, die zumeist frappierend verfremdete Spielweisen traditioneller Instrumente mit moderner elektroakustischer Klanggestaltung kombinierten. Überwiegend in Form von herausfordernden Improvisationen konnten so Assozitionen zur Gegenwart entstehen.

(CS)

"Immer sind die Männer schuld".


Eine musikalische Lesung mit Christian Steyer am 12. Juni 2023 im Tietz

 

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Foto: Stadtbibliothek Chemnitz

 

Das war ein heiter besinnlicher Abend mit Christian Steyer - ein Teil seiner Vorfahren stammt übrigens aus Chemnitz. Die Stadtbibliothek und
der Chemnitzer Musikverein hatten gemeinsam eingeladen. Christian Steyer las Texte von Stefan Heym, die dieser seiner Frau gewidmet hatte.

Das heiter ironische jiddisch-Deutsch regte schon zum Schmunzeln an und die gekonnte schauspielerische Interpretation sorgte für manche Lachsalven.
Besinnlich war dazu Christian Steyers Klavierspiel auf dem E-Piano mit eigenen Stücken und Improvisationen.
Das Publikum wollte gar kein Ende haben und zeigte das deutlich. 

Christian Steyer sorgte mit einer gewollt besinnlichen Ansprache zum Nachdenken über uns und unser Leben für ein gutes Ende.

Karin Friedemann